Hannes Wader - Der Tankerkonig текст песни

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Spoken:
Es war an einem Morgen im Fruhjahr, als ich meinen ersten Anfall bekam. Ich hatte so'n bisschen uber mich und das Leben nachgedacht, als mir plotzlich speiubel davon wurde und Irgendwas druckte mir den Hals so zu, dass ich dachte ich musste ersticken.

Ich sturzte auf die Stra?e, schnappte wie ein Irrer nach Luft aber es kam noch viel schlimmer. Mir wurde schwindelig, ich drehte mich zehn Mal um mich selbst und dachte alle Leute zeigten mit den Fingern auf mich, bis ich dann merkte, dass ich gar nichts anhatte.

Ich rannte und rannte, fand dann irgendein offenes Parterrefenster, kletterte rein und verkroch mich, zitternd vor Angst und Kalte in irgendeine Ecke.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich merkte, dass ich mich in einem Trodelladen befand. Der ganze Raum hing voll mit alten Klamotten und ich zog mir sofort eine Pluderhose, Stulpenstiefel und ein Kettenhemd an, hangte mir noch #ne alte Armbrust uber die Schulter und fuhlte mich augenblicklich wieder gelassen und unangreifbar.

Ich marschierte uber die Stra?e und stand dann plotzlich vor dem Personaleingang des Kaufhauses, wo ich bis dahin die Papierverbrennungsanlage bedient hatte. Als ich das sah, wurde mir schlecht vor Wut, ich rannte den Pfortner uber den Haufen, riss samtliche Telefonkabel ab, brach die Stempeluhr aus der Wand und tobte weiter in die Verkaufsraume.

Als ich in die Spielwarenabteilung kam, stand der erste Verkaufer wieder mal, von einem Stutzpfeiler halb verborgen, auf ner Leiter, um die Kinder beim Klauen besser erwischen zu konnen. Die liefert er dann immer der Geschaftsleitung aus und kassierte dicke Pramien pro Nase. Sein dreckiges Grinsen, als er mich sah, brachte mich so auf, dass ich, ohne zu zielen meine Armbrust auf ihn abdruckte und der Bolzen fuhr ihm dicht am Hals vorbei, durch den Anzugkragen und nagelte ihn am Pfeiler fest. Ich trat die Leiter unter ihm weg und lie? ihn da hangen wie'n Schluck Wasser. Und wahrend er zappelte und schrie, schmiss ich eine Stellage nach der anderen um und verteilte das Spielzeug unter die Kinder.

Und mitten im gro?ten Tumult tauchte der Chef des Hauses auf und zischte mich an: „Was machen Sie denn da? Sofort kommen Sie mit in mein Buro, Sie Idiot!". Ich spannte nur meine Armbrust und sagte: „Leck mich doch am Arsch, du Motherfucker! Hande hoch und vorwarts!". Da sah er den Verkaufer am Pfeiler baumeln und wurde leichenblass. Ich schubste ihn in den Lastenfahrstuhl ohne dass die Kunden deswegen stutzig wurden, die das ganze fur 'ne Werbeaktion hielten, fuhr mit ihm in den Keller runter in die Papierverbrennung und gab ihm einen Tritt und er flog durch das riesige Ofenloch, mitten ins Feuer und als drau?en die Polizeisirenen heulten, war schon nichts mehr von ihm ubrig.

Ich rannte nach drau?en, warf die Armbrust weg, schwang mich auf ein herrenloses Damenfahrrad und jagte quer durch die City zum Ortsausgang und nach einer Stunde Fahrt fiel ich halbtot vor Erschopfung vom Rad und schlief unter einem Gebusch ein. Am nachsten Morgen war es eisig kalt und mit der Kalte kam die Angst. Ich hatte eine Fuhrungskraft umgebracht! Jetzt wurde man mich uberall suchen und hetzen! Und in meiner Panik wuhlte ich mich immer tiefer und tiefer in den Wald und gegen Mittag fand ich einen verlassenen Luftschutzbunker. Die Tur war offen und in einer Ecke lag eine Maschinenpistole in Olpapier gewickelt und eine Kiste Munition. Ich setzte die Waffe zusammen. Sie funktionierte und ich fuhlte mich sofort wieder unbesiegbar. Ich beschloss, mich im Bunker einzurichten und mir gleich Vorrate zu beschaffen, um in der Illegalitat uberleben zu konnen.

Und noch am selben Tag knackte ich drei Banken. Ich zwangte mich jedes mal mit dem Fahrrad durch die Tur, drehte eine Runde im Schalterraum, feuerte mit der MP in die Decke, dass der Kalk nur so spritzte und schrie: „Ich bin der Rattenfanger von Hameln, wo sind hier die Mause?!"

Und als ich auf diese Weise 100.000,- Mark zusammen hatte, ging ich noch schnell in Supermarkt einkaufen und erreichte dann auf Schleichwegen wieder meinen Bunker.

(Guitar Interlude)

Ich blieb so lange unsichtbar, bis keine Zeitungsmeldungen uber mich mehr erschienen, beschaffte mir dann so nach und nach alles was ich brauchte und verlebte ein paar sehr ruhige Monate. Ich pflanzte Hanf im Blumenpott, rauchte ab und zu einen Joint und schaukelte bei sonnigem Wetter in meiner Hangematte und horte – die MP auf dem Bauch – die Hitparade im Kofferradio und war glucklich. Aber wie alle glucklichen Leute, nach 'ner Weile schon nahe am Verbloden und um dem entgegenzuwirken, schrieb ich zentnerweise Leserbriefe und badete ab und zu in einem eingezaunten See, der in der Nahe lag und der dem Tankerkonig gehorte.

Eines Mittags also – ich sa? da ganz ruhig mit meiner MP im Wasser – stand da plotzlich einer vor mir in Hemdsarmeln, gruner Schurze, Strohhut, Spaten uber der Schulter und meinte, das ware Privateigentum, wo wir denn hinkamen, wenn das Alle machen wurden. Ich sagte: „Ja, wenn das Alle machen wurden, dann ware der Tankerkonig bald weg vom Fenster mit Blick auf den See". Ich fragte ihn ob er es denn notig hatte, als Gartner fur den Tankerkonig den Buttel zu machen. Meint er doch: "Ich bin nicht der Gartner, ich bin der Tankerkonig!". Ich sagte: „Das ist doch nicht zu fassen, den Gartner entlassen, die Dahlien selber begie?en und das Geld fur sie arbeiten lassen! Damit ist jetzt Schluss!!". Ich wollte sofort abdrucken, brachte es dann aber dann doch nicht fertig und stattdessen zwang ich ihn einen Joint zu rauchen, so gro? wie'n Ofenrohr. Und ich sagte: „So! Und jetzt will ich mal sehen, wie Milliardare so leben!"

Wir gingen die paar hundert Meter bis zu seiner Villa und als wir ankamen war er schon so high wie'n Weltmeister. Er taumelte vor mir her in eine riesige Diele auf eine erlesene Sitzecke zu, wo die Tankerkonigin sa? und doste. Und so'n Hundchen im Arm, mit blauer Schleife und rosa Arschloch und sie murmelte ohne die Augen zu offnen: „Rudi, bist du's? Denk dir, Ari Onassis hat uns eingeladen zur Safari!". Der Tankerkonig glotzte seine Frau erst an als wenn er gar nichts begriffen hatte, fing dann an um sie rumzutanzen, affte ihre Stimme nach: „Mit Ari auf Safari!". Die Tankerkonigin riss die Augen auf, sah uns und fluchtete kreischend die Treppe rauf. Der Tankerkonig angelte sich die antike Streitaxt von der Wand und, Ari Safari, hinterher.

Da dachte ich: „Das Schauspiel guckst du dir von drau?en an!" und ich setzte mich in die Hollywoodschaukel. Da sah ich auch schon den Tankerkonig aus der Dachluke kriechen. Die blutige Axt in der Hand breitete er die Arme aus, sprang und landete – klatsch – direkt vor meinen Fu?en. Ich ging erst mal zuruck zum Bunker und legte mich schlafen.

Am nachsten morgen horte ich dann die Nachrichten. Die halbe Welt stand Kopf. Es war auch von mir die Rede. Die Tankerkonigin hatte ausgesagt. Ihr Mann hatte mit seiner Axt nicht sie, sondern nur das Hundchen erschlagen und man sprach von einer wirtschaftspolitischen Katastrophe, die der Tod des Tankerkonigs ausgelost hatte. Und weiter hie? es, die gesamte Landespolizei und eine Bundeswehreinheit beteilige sich mit Suchhunden und Peilgeraten, Hubschraubern und Panzern an der Fahndung nach dem geisteskranken Morder mit dem Kettenhemd und den Stulpenstiefeln. Mir wurde ganz mulmig zumute und ich verrammelte die Bunkertur hinter mir und traute mich wochenlang nicht mehr raus.

Nach einer Weile fuhlte ich mich so elend und einsam, dass ich schon anfing mit mir selbst zu reden. Ich brauchte unbedingt einen Menschen mit dem ich sprechen konnte! Aber einen der das mit dem Tankerkonig auch verstehen wurde! Und ich kannte keinen. Aber dann hatte ich die Idee: Wenn schon kein Lebender da war, warum sollte ich dann nicht mit einem Toten reden. Also schlich ich mich gegen Mitternacht aus dem Wald in den nachsten Ort. Ich kannte da ein Haus in dem regelma?ig spiritistische Sitzungen stattfanden.

Und ich hatte auch Gluck, die Sitzung war schon im vollen Gange. Ich stie? die Tur mit dem Fu? auf, die MP in der Hand und rief: „Nur keine Panik meine Herrschaften und Hande auf den Tisch!". Aber kaum hatten die die Hande auf der Platte, fing der Tisch an zu wackeln, hob sich wie von selbst und schwebte dann einen Meter uberm Fu?boden. Ich sagte: „Kinder, macht doch keinen Quatsch, Hande hoch ubern Kopf!" Sofort flogen die Hande in die Luft und der Tisch krachte wieder auf den Boden und ich sagte. „So, wer von euch ist hier der Ober-Druide? Macht mir mal 'ne Verbindung mit Che Guevara, ich mochte jetzt endlich mal mit einem vernunftigen Menschen reden!".

Erst wussten die gar nicht so richtig, wen ich da meinte, gaben sich aber sehr viel Muhe und endlich knackte es in der Leitung und ich horte Che Guevaras Stimme: „Was wollt ihr von mir?". Ich sagte wer ich war und was ich angerichtet hatte und dass ich einen Rat brauchte. Und die Stimmer fragte mich etwas argerlich, was das denn sollte und ob ich denn noch nie was von organisiertem Klassenkampf gehort hatte. Ich sagte nee, hatte ich nicht. Die Stimme schwieg einen Augenblick und sprach dann wesentlich freundlicher und trostender weiter: Ja da ware mir nur sehr schwer zu helfen, ich ware krank und ich sollte mal am besten zum Psychoanalytiker gehen.

Total deprimiert kroch ich zuruck zum Bunker, als ich schon von weitem die Blechbuchsen klappern horte die an dem Alarmdraht hingen, den ich um mein Versteck gespannt hatte. Vor Schreck an allen Gliedern zitternd ging ich dann hin und sah einen VW da stehen, mit einem nackten Parchen auf dem Vordersitz. Die Sto?stange hatte sich in der Alarmleitung verhakt, so dass die Blechbuchsen unausgesetzt schepperten.

Ich war so emport, dass ich dem Kerl die MP in den Rucken bohrte und ihn anschrie: „Sofort aufhoren, das ist doch 'ne Schweinerei! Weit und breit die unberuhrteste Natur und Sie machen hier solche Verrenkungen in Ihrer stinkigen Kiste. Aber sofort raus in die Glockenblumen!". Der arme Mann jammerte mir die Ohren voll: „Warum haben Sie uns so erschreckt? Meine Bekannte hat'n Krampf und jetzt hangen wa fest!" Das hatte mir gerade noch gefehlt.

Wir berieten erst mal ne Weile daruber, was wir da machen konnten und dass es das beste ware, der Braut mit 'ner Nadel in den Schenkel zu stechen, so als Gegenschock, aber naturlich hatte keiner 'ne Nadel dabei. Mir dauerte das Alles zu lange, ich sagte: „Schluss jetzt!! Wenn ihr die Nadel haben wollt, musst ihr schon die hundert Meter zum Nahkastchen robben". Die Operation gelang dann auch. Und erst als die beiden den Bunker wieder verlassen hatten, wusste ich, dass ich einen furchtbaren Fehler begangen hatte...

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